Stromeinkauf
Chance statt Gefahr: Wie Mittelständler mit der Energiewende ihre Kosten drastisch senken können

Geschrieben von:
trawa
Das aktuelle DIHK-Energiewendebarometer hat leider erneut gezeigt: Viele Unternehmer in Deutschland stehen der Energiewende skeptisch gegenüber. Rund 36 Prozent sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die hohen Strompreise gefährdet. Und tatsächlich – die Preise sind für viele Betriebe eine Belastung, insbesondere für den Mittelstand. Das betrifft nicht nur energieintensive Unternehmen.
Kein Wunder also, dass zahlreiche Unternehmer den Blick auf die Politik richten und fordern, dass diese Maßnahmen ergreift, um die Strompreise zu senken. Teilweise ist dieser Wunsch berechtigt: Die Energiewende wird in weiten Teilen politisch gesteuert. Dabei entstehen immer wieder Ineffizienzen, die die Preise unnötig in die Höhe treiben. Hinzu kommen historisch gewachsene Gebühren- oder Sonderregelungen, die bestimmte Stromabnehmer klar bevorteilen – während viele andere dafür die Rechnung zahlen.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch: Viele Mittelständler verlassen sich zu sehr auf politische Lösungen. Es stimmt, an einigen Stellen muss die Politik nachjustieren. Gleichzeitig gab es aber noch nie so viele Möglichkeiten, die Unternehmen selbst ergreifen können, um ihre Stromkosten deutlich zu senken. Dazu braucht es vor allem die Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und neue Wege zu gehen. Mut ist oft nicht einmal nötig, da das Risiko in vielen Fällen gering und der Kapitalbedarf überschaubar ist. Entscheidend ist, dass man sich damit beschäftigt. Interessanterweise spielen erneuerbare Energien hierbei eine Schlüsselrolle.
Die nachfolgenden Beispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, verdeutlichen aber, wie vielfältig der Werkzeugkasten an Maßnahmen inzwischen ist. Viele Methoden sind erst in den letzten Jahren marktreif geworden – etwa durch sinkende Batteriepreise oder technologische Fortschritte im Bereich Künstlicher Intelligenz. Wichtig ist auch: Kein Unternehmen muss diese Maßnahmen allein umsetzen, teure Spezialisten einstellen oder eigene Software entwickeln. Inzwischen gibt es einen breiten Markt an Dienstleistern, die – je nach Bedarf – einen großen Teil der Umsetzung übernehmen.
Energieeinkauf diversifizieren
Traditionell wird die Strombeschaffung bei Mittelständlern über verschiedene Arten von Festpreisverträgen, beispielsweise Tranchen, geregelt. Das war auch jahrzehntelang sinnvoll, als die Stromversorgung durch durchgängig laufende Kraftwerke gewährleistet wurde und die Risiken für Versorger leichter kalkulierbar waren. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren hat sich die Ausgangslage jedoch drastisch geändert. Die Strompreise sind extrem volatil und schwanken im Tagesverlauf enorm. Mittelständler können sich das zunutze machen, doch viele scheuen sich davor, weil sie die Kurzfristigkeit der Strombörse fürchten. Viele Unternehmer glauben, dass die Volatilität die Versorgungssicherheit gefährdet, im schlimmsten Fall sogar die Maschinen stillstehen. Dabei haben Stromeinkaufsmodelle nichts mit dem Thema Versorgungssicherheit zu tun – wenn überhaupt mit Preissicherheit. Wer diese mentale Hürde überwindet und sich – zumindest anteilig – auf den Spotmarkt einlässt – am besten in Kombination mit Power Purchase Agreements (PPAs) mit Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen – kann im Schnitt bis zu zehn Prozent seiner Stromkosten einsparen.
Verbrauch messen und diversifizieren
Diese Kategorie lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen: Energie Management Software (EMS) und Effizienzmaßnahmen.
Energie Management Software
Dank einer Energie Management Software lässt sich der Verbrauch im Unternehmen präzise beobachten. Auf dieser Basis können Strategien entwickelt werden, um den Stromverbrauch zu senken oder zu optimieren. Energie Management Software ist mittlerweile nicht mehr nur für Techniker, sondern bietet etliche nützliche Datenpunkte für den Einkauf, den Controller, die Geschäftsleitung oder sogar die Werksleitung.
Effizienzmaßnahmen
Die meisten Mittelständler dürften klassische Modernisierungen im Sinn haben, wenn es um die Reduzierung des Stromverbrauchs geht. Solche Maßnahmen sind oft sehr wirkungsvoll, bergen aber meist auch den größten Investitionsaufwand. Dennoch gehört eine regelmäßige Modernisierung dazu, um die Zukunftssicherheit des Unternehmens zu sichern
Energieverbrauch optimieren
Die meisten Mittelständler dürften klassische Modernisierungen im Sinn haben, wenn es um die Reduzierung des Stromverbrauchs geht. Solche Maßnahmen sind oft sehr wirkungsvoll, bergen aber meist auch den größten Investitionsaufwand. Dennoch gehört eine regelmäßige Modernisierung dazu, um die Zukunftssicherheit des Unternehmens zu sichern
Manuelle Flexibilisierung
Hierbei wird der Stromverbrauch auf die Strompreise am Spotmarkt hin optimiert. Sprich: In Zeiten hoher Preise wird möglichst wenig verbraucht und somit eingekauft. In Zeiten niedriger Preise ist das genau umgekehrt. Ein klassisches Beispiel ist das Laden einer E-Fahrzeugflotte. Die Autos müssen nicht immer sofort geladen werden, wenn die Mitarbeiter morgens zur Arbeit kommen. Oftmals lässt sich das auf die Mittagszeit verschieben, wenn dank Photovoltaik die Preise niedrig oder sogar negativ sind. Auch einige Maschinen oder Kühlanlagen müssen nicht rund um die Uhr in gleicher Intensität laufen. Allerdings muss auch gesagt sein, dass das Potenzial für Flexibilisierung in jedem Unternehmen sehr unterschiedlich ist. Nicht wenige sind auf eine kontinuierliche Produktion angewiesen oder eine Anpassung der Prozesse auf den Strommarkt lohnt sich (noch) nicht.
Flexibilisierung mittels Batteriespeicher
Genau diese Unternehmen profitieren enorm von Batteriespeichern. Sie können in Zeiten niedriger Preise geladen und in Zeiten hoher Preise entladen werden. Dabei winken Unternehmen sogar Zusatzverdienste, da der Strom nicht unbedingt selbst verbraucht, sondern auch ins Netz eingespeist werden kann. Vor Jahren waren große Batteriespeicher noch eine teure Investition. Mittlerweile sind die Preise dafür jedoch drastisch gesunken. Im Schnitt amortisieren sie sich nach vier bis sechs Jahren. Das setzt allerdings neue Fähigkeiten der Dienstleister voraus, denn nur Netzentgelte oder Eigenverbrauch zu optimieren reicht nicht, um solche kurzen Amortisationszeiten zu erzielen – auf die richtige Vermarktung der Speicherkapazität kommt es an.
Netzentgelte optimieren
Stromkosten bestehen bekanntermaßen nicht nur aus dem reinen Strompreis, sondern auch aus Netzentgelten. Auch hier lässt sich einiges tun, vor allem im Bereich der Lastspitzenkappung. Müssen beispielsweise bei Schichtbeginn alle Maschinen gleichzeitig hochfahren, oder lässt sich der Prozess nicht strecken? Die richtigen Energiemanagementsysteme zeigen nicht nur die Lastspitzen an, sondern zeigen die Mehrkosten solcher “alten Standards” klar und deutlich und ermöglichen so den Entscheidern, eine Kosten/Nutzen-Abwägung – ohne dass externe Berater beauftragt werden müssen.
Eigenerzeugung
Die Installation von eigenen Photovoltaik-Anlagen kann sich für Unternehmen trotz immer geringerer Einspeisevergütung und geringem Strompreis am Spotmarkt, wenn die Sonne sowieso scheint, trotzdem noch lohnen. Gerade die Kombination mit Batteriespeichern und einer intelligenten Steuerung kann ein solches Setup hochgradig wirtschaftlich attraktiv machen.
Fazit
Mittelständischen Unternehmen stehen heute eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Verfügung, um ihre Stromkosten drastisch zu senken. Es gibt sogar schon Beispiele von Betrieben, die ihre Energiekosten drastisch reduzieren konnten.
Wer als Unternehmer nicht den Fehler macht, sich allein darauf zu beschränken, auf die Politik zu zeigen, sondern aktiv nach Lösungen sucht und offen für innovative Wege ist, dem eröffnen sich zahlreiche Chancen – und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen der Energiewende.
Dieser Artikel ist am 14.08.2025 im pv magazine erschienen.
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